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Vorwort von Marie-Louise Jung
Lotte Betke-Ponnier, Hamburgerin, Jahrhundertzeugin, die von sich sagt,
sie sei ein "germanisches Urgestein" traf zusammen mit Roman Kovar. Der
in Prag geborene und aufgewachsene Lyriker und heutige Verleger entstammt
einem jüdischen Elternhaus.
Zwei Gegensätze, zwei Personen, die sich erstmals bei KULTURalive
begegneten, wo ihre Lyrik im Mittelpunkt des Sommerfestes am 21.
Juni 2003 stand. Eine solche Begegnung will festgehalten sein, will in
Erinnerung bleiben, bestehen über den Moment ihrer räumlichen
und zeitlichen Existenz hinaus.
Die beiden im Titel dieses Gedichtbandes vergegenwärtigten Gegensätze
"Lichtgeschwindigkeit" und "Steine" prallen aufeinander, besser noch,
die Steine werden umhüllt vom Licht und dessen Geschwindigkeit.
Wohin führen sie uns?
Lotte Betke-Ponnier meistert mit Gedichten ohne Reimschema, in äußerster
Reduzierung klangvoll, Orte, Begegnungen und Stimmungen vor den Ohren
des Zuhörers entstehen zu lassen. Sie spiegelt das Spektrum ihres
Erfahrungsreichtums von der Kindheit an bis ins hohe Alter wider; Ereignisse
im Laufe eines Jahrhunderts, allgemeingültige Wahrheit aus subjektivem
Blick. Dabei ist auffallend, dass ihre Empathie den von der Gesellschaft
Gekränkten und Missachteten gilt. Fragen über Fragen stellt
die Lyrikerin, die uns das Aufheben eines Steines nahelegt, damit wir
die "Jahrhundertadern sehen im Steinfleisch ... Meer ... Fisch ... Sonnengeflitter".
Und an welche Seelenorte nimmt Roman Kovar uns mit? Von den Steinen, von
den harten Konturen des Alltags weg schwingt er uns in die Ferne und Nähe
bis hin ins Land Israel und begleitet uns durch Überwindung der Schwerkraft
ans Licht, von wo aus wir einen Blick auf "seine geliebte Erde" erhaschen.
Der Mensch wird hier zum Betrachter der Schöpfungsvielfalt, die ihre
Pracht vor uns darbietet. Der Mensch selbst Bestandteil dieser Schöpfung,
taucht ein in sie und empfängt als lyrisches Ich das Geschenk ihrer
Fülle an Stein, Himmel, Licht und Wasser, an Vögeln, Sonne,
Mond und Pflanzen, Landschaften. Durch die synästhetische Wirkung
seiner Lyrik vermittelt uns
der Dichter Roman Kovar seine Fähigkeit, das subjektive Wahrnehmen
optischer Erscheinungen in klangliche, psychisch vermittelbare Reizverschmelzungen
zu transformieren.
So bringt uns die "Lichtgeschwindigkeit" zurück zur Erde, zum Leben
inmitten der Schöpfung, und wir spüren, dass der Dichter seinem
Adonaj für das Dasein und Hiersein dankt.
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